Im Moment wird das Thema Empathie in autistischen Kreisen, wieder einmal, ausführlich diskutiert.
Finde ich gut, denn auch Autisten können empathisch sein, reagieren, empfinden. Und, dass Autisten un-empathisch sind, empfinde ich als Mär, als Klischee.
Ich selbst reagiere auf restlos alles, was ich in meinem Umfeld wahrnehme. Dass ich es sofort regelrecht verarbeite, verstehe und regelrecht interagieren kann, das kann ich allerdings nicht behaupten.
Es erforderte viel Zeit und auch viel Mühe und selbst jetzt gibt es noch Situationen, in denen ich nicht weiß, wie ich am besten reagieren kann. Und teilweise, allerdings nur noch ganz selten, betreibe ich ‚wandering‘ = ich flüchte buchstäblich, renne oder fahre fluchtartig weg, bis ich mich wieder beruhigt habe. Das geschieht nicht bewusst, sondern ist ein Reflex.
Ich speicher seit Dekaden Empfindungen und passende Reaktionen in meinem Hirn, ich nenne dies ‚meine Bibliothek‘, aus der ich inzwischen binnen Sekundenbruchteilen Informationen ’nachschlagen‘ kann. Wenn ich es schaffe, wenn ich Zeit und Lust dazu habe, wenn ich nicht im Overload oder mehr stecke.
Da mich soziale Interaktionen aber sehr erschöpfen, egal ob real oder virtuell, meide ich zumindest die realen soweit als möglich.
Im Internet mag man es mir nicht anmerken, da ich keine sofortige und unmittelbare Reaktion von mir geben muss. Ich habe Zeit, kann überlegen und meine Antworten ’sozialverträglich‘ anpassen. Real ist das nicht so einfach. Ich fange dann gerne an zu stottern, flatter mit meinen Fingern, mein Blick wandert wie irre durch die Gegend und mir fehlen urplötzlich die einfachsten Wörter.
Woran mag das nur liegen… Tja. Inzwischen weiß man, dass die Reizverarbeitung in der Amygdala, in enger Zusammenarbeit mit dem Cortex, ‚gestört‘ ist bei Autisten. Ziemlich spannend finde ich auch, dass man inzwischen auch herausgefunden hat, dass der fehlende Blickkontakt von Autisten (nicht alle haben dieses Problem, aber viele) ebenso in der Amygdala seinen Ursprung haben kann.
Ich habe letztens noch gedacht, dass es mich nicht wundern würde, wenn es genau darauf hinauslaufen wird: Mandelkern und Hirnrinde, die in einem engen Informationsaustausch stehen ‚ticken‘ bei Autisten einfach anders. [Sicher gibt es auch noch andere Bereiche, aber ich empfinde diese Worte Amygdala (Mandelkern, wegen der Form) und auch Cortex (Hirnrinde) als sehr schöne Worte.] In der Amygdala laufen Informationen auf und werden ’sortiert‘ an die anderen Hirnregionen weitergeleitet, Emotionen werden u.a. an die Hirnrinde geschickt, wo sie dann irgendwie -mal gut, mal schlecht- weiter verarbeitet werden. (das ist eine extrem vereinfachte Umschreibung!)
Ich frage mich gerade, wo in dieser ganzen Angelegenheit der Thalamus bleibt, der als bohnenförmig beschrieben wird und muss ziemlich lachen, denn irgendwie verstricke ich mich gerade in Hülsenfrüchten…. ich gehe dann mal in mich und denke nach.
… Erbsensuppe? Oder doch Bohnensuppe? Oder eventuell ein Mandelkuchen? Ich hatte da doch letztens so ein tolles Rezept… ahhhh… ich bin weg.
