Wie ist es, wenn man ein Umfeld hat, das man nur noch als toxisch bezeichnen kann?
Toxisch bedeutet hier: ein Umfeld, was nichts gut sein lässt, immer dagegen hält, alles relativiert und man selbst wird immer kleiner und sprachloser. Das als Erklärung vorweg.
- ‚Er muss doch auch mal in der Schule klar kommen!‘ = der Leiter des Kindergartens, wo Sohnemann ganze 3 Tage war, stundenlang gebrüllt hat, unter einer Treppe sitzend, und niemand, restlos niemand (außer uns) sich mal gefragt hat ‚was passiert da gerade?‘ Sohnemann wurde von uns nach besagten 3 Tagen aus dem Kindergarten genommen. Die psychische Reaktion dieses knapp 4 Jährigen kleinem Autisten war: 8 Jahre lang, 8 gottverdammte lange Jahre, Pavor Nocturnus.
Wirklich und wahrhaftig startete dieses Phänomen unmittelbar nach diesem Kindergartenversuch! Und eben dem Trauma stundenlang unter einer Treppe gehockt zu haben, hilflos und ausgelacht. - ‚Sind wir nicht alle ein bisschen, ein Stück weit, autistisch?‘ = genau dieser KiGa-Leiter, den ich Jahre nach unseren jeweiligen Diagnosen beim Einkaufen getroffen habe, der hiermit meinte Sohnemann und meine Befindlichkeitsproblematik relativieren zu können. Frei nach dem Motto ‚ach, jeder hat sein Päckchen zu tragen. Eures ist doch nichts.‘
- ‚Ich sehe sie nicht im Autismus! Sie sind für mich eher in Richtung Borderline zu finden!‘. = aua! Mein Ex-Chef, seines Zeichens Allgemeinmediziner mit der Bevollmächtigung psychosomatische Grundversorgung zu gewährleisten und ebenfalls Psychotherapeut… Weil: ich unter Stress anfing zu weinen, zu verstummen, manchmal deutlich meine Meinung gesagt habe, die für manche nicht so angenehm war, sehr speziell in meinen Arbeitsmodalitäten, Vorlieben und Grundsätzen…
- ‚Gut dass es Dir schlecht geht. Lass Dich einweisen!‘ = gottverdammtaua! Das war mein einer Stiefsohn, nachdem ich Ausgrenzung innerhalb dieser Familie angeprangert habe und verschärft verbal und tatsächlich, sowie auch schriftlicher Art angegangen wurde daraufhin.
- ‚Er hat doch gar kein Interesse daran! Er ist doch Autist! Außerdem muss er doch zur Schule!‘ = Stiefschwiegertochters Aussage, unmittelbar vor der Hochzeit, die zu o.a. Disput geführt hat (Sohnemann war von der Schule freigestellt, freute sich, nur war seine größte Sorge, dass er einen Anzug tragen müsse, was nicht der Fall war, danach war diese Geschwisterbeziehung Geschichte)
- ‚DU??? Autistin? Niemals! Du arbeitest doch hier, redest mit mir.‘ = ächz. Jemand bei der Tafel meinte die große Ahnung zu haben. Nur weil ich Autistin bin, bedeutet es nicht, dass ich einen Sinn im Ehrenamt sehe, oder einen Sinn in sozialem Handeln??!!
- ‚ach, DAS habe ich auch! *kicher* Bin ich eventuell auch autistisch? Das hat doch jeder! *witzel*‘ = facepalm…. eine frühere ‚Freundin‘, die urplötzlich sämtliche Begleiterscheinungen aufwies, über die sie bei mir so witzeln musste
- ‚Ach, stell Dich doch nicht so an!‘ = autsch. Ebenfalls eine frühere Freundin, die zunehmend genervt reagierte, weil ich keinerlei gesellschaftlichen Treffen und/oder Veranstaltungen aufsuche
- usw usw. das wäre endlos weiterführbar
Das nur mal eben schnell aus dem Stegreif. Die Liste würde, wenn ich mir Zeit lassen würde, ziemlich lang. Allerdings damit auch mein Gefühl der Unzulänglichkeit, weil ich in viele Erinnerungen eintauchen würde, die ich derzeit erfolgreich verdränge, archiviert habe, ganz hinten in der dunkelsten Ecke meines Erinnerungskellers.
Diese Begebenheiten bezeichne ich als toxisch. Man kann sie auch aus despektierlich, unverschämt, dumm bezeichnen, nur ist der Effekt derlei Bemerkungen von zum Teil sehr lang anhaltender Wirkung psychischer Art.
Wie ein schleichendes Gift rieselt die jeweilige Aussage in das Hirn, löst zunächst Erstaunen aus, eventuell auch instinktive Abwehr, ganz sicherlich bei mir inzwischen ausgeprägte Sprachlosigkeit ob so viel Blöd- und Unverschämtheit. Später kommt das Kopfschütteln, wenn ich mir bewusst werde, WAS da gesagt wurde.
Mir fällt gerade eine Situation ein, da habe ich in der Tat eine Woche benötigt, mich komplett zu erinnern, zu verarbeiten und zu realisieren was da gesagt worden ist. Es war extrem unglaublich:
‚Man muss bedenken, dass Kinder/Jugendliche auch gerne das nachmachen, leben, was die Eltern vorleben. Wenn ein Elternteil nur zuhause abhängt, liegt es nahe, dass das Kind/der Jugendliche, diesem Beispiel folgt!‘
*BAM*…
Das war der ehemalige Rektor der Förderschule unseres Sohnes innerhalb eines der letzten Hilfeplangesprächen mit der Schule, der mir meinte mit dieser Bemerkung einen ‚mitgeben‘ zu können, da Sohn ja als schulunfähig erkrankt der Schule fernblieb (gestützt von KJP und JA!), nicht beschulbar war und ich, so wie er es gesehen hat die Hintergründe aber nicht kannte, dauerhaft zuhause sitzend meinen Popo platt gesessen habe… asoziales Geschmeiß eben, was seine Kinder in Richtung Hartz-IV erzieht… ein unfassbarer Troll dieser Rektor.
Mein Befinden nach dem Bewusst-werden der Aussage: mir ging es furchtbar schlecht. Und ich habe ab da jeglichen Kontakt zu diesem Menschen unterbunden, notwendiges wurde schriftlich per Mail kurz und knapp abgehandelt und Punkt.
Wenn ich mich dann irgendwann beruhigt habe, dann kann ich über diese Menschen lachen, aber die Entgiftungsphase ist wirklich ziemlich anstrengend. Mir geht es jedes einzelne Mal schlecht, ich fühle mich ‚über‘, unfähig, dumm, „Zecke!“, und falle Phasenweise, glücklicher Weise nicht mehr so sehr intensiv, in mein schwarzes Loch der Depression.
Um meine Nerven, meinen armen Magen und mein armes Hirn zu schonen, habe ich mich entschieden: Abstand. Unbedingter Abstand.
Jeglicher Kontakt mit egal welcher dieser Aussagen, beschäftigt mich über Gebühr und muss unbedingt gemieden werden. Ich halte diese dummdreisten Bemerkungen einfach nicht mehr aus.
Ich gehe somit nicht mehr offensiv mit meinem Autismus um: ich schweige. Zumindest verbal im direkten Umgang.
Ich halte es ab sofort mit diesem Spruch, zumindest was meinen Autismus betrifft und obwohl ich Gold überhaupt nicht mag:

Wie gut ich mich da reindenken kann….gute Entscheidung. Nur noch mit Leuten zu reden, die „es wert sind“. Also fast immer zu schweigen. Denn du musst dich weder rechtfertigen noch verteidigen. Du bist wie du bist und das finde ich gut!
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