rechtliches zur Volljährigkeit, oder: ach du lieber Himmel!

Kommenden Sonntag wird unser ‚kleiner‘ 18.

Ein bedeutender Geburtstag.

Zum einen bedeutet dies, dass er alles kann, alles darf, sofern er nicht gegen geltendes Recht verstößt, zum anderen, dass er nun definitiv kein Kind mehr ist.

Ähem. Wie? Er kann alles? … Wie in vielen Fällen muss man das relativ sehen.

Zunächst, er ist definitiv kein Kind mehr. Er ist gewachsen, ragt mir über den Kopf, ist ein ruhiger jungen Mann, der einen gewissen Charme hat, aber doch noch immer viel zu still und inaktiv ist.

Das ‚können‘ ist was anderes als das ‚wollen‘! Das ist noch ein anderer sehr wichtiger Punkt, wenn das Kind Autist ist!

Bei uns ist es so, dass ich diejenige welche bin, die Dinge regelt, egal wie schwer mir das fällt, wenn es um mein Kind geht, kann ich, wenn es um mich geht, kann ich nicht, aber das ist gerade ein ganz anderes Thema.
Nur, was ist, wenn ich zum Beispiel für ihn irgendwas behördliches regeln müsste, oder für ihn zur Bank gehen muss, Geldgeschäfte abwickeln muss, Fragen an seinen Arzt habe? Das kann ich nur, wenn er mir eine entsprechende Vollmacht einräumt, wenngleich gerade was behördliches betrifft auch nur sehr sehr eingeschränkt. Selbst die Bankgeschäfte sind reglementiert, was ja auch Sinn macht.

Letztes Jahr hieß es in einem der vielen Hilfeplangespräche ‚Er wird nächste Jahr 18! Wie wollen Sie das regeln, denn er kann ja nicht nach draußen und seine Dinge regeln? Betreuung?‘ Von uns kam ein klares striktes ‚NEIN!‘, denn Betreuung bedeutet für mich/uns eine Entmündigung (die es so nicht mehr gibt seit 1992, ich hefte unten einen Link dazu an), was es ja irgendwie auch ist, denn, der der betreut wird von einem amtlich bestellten Betreuer gibt seine Rechte und Pflichten an eben diesen Betreuer ab, er hat quasi keine mehr, weil er sie nicht ausfüllen und erfüllen kann.

Eine Bekannte erwähnte, dass sie eine Vertretungsvollmacht habe, die man über einen Anwalt bekommen und ausstellen lassen könnte. Diese Vollmacht umfasst alle Bereiche des täglichen Lebens, an kann aber auch nur Teilbereiche darin aufnehmen, selbst die mögliche Betreuung ist darin geregelt.
Nur, das ist mit z.T. enormen Kosten verbunden, denn Anwälte kosten nun mal Geld und davon nicht wenig.

Ich habe das unglaubliche Glück, dass ich in meiner nahen Verwandschaft eine Staatsanwältin habe. Sie habe ich gefragt, nicht ihre Fachdisziplin, aber sie hat einen Bekannten gefragt, der eben genau dieses Gebiet bearbeitet.

Sie schickte mir ein Formular zu, dass ich am PC bearbeiten kann, welches eine Vorlage des Bundesministeriums der Justiz ist. Diese Vorlage einer Vorsorgevollmacht umfasst wirklich restlos alles was wir benötigen.

Und, wir müssen nicht zu einem Anwalt, denn: jede Stadtverwaltung hat eine Stelle, die sich um Betreuungen etc. kümmert. Und eben diese Stelle beglaubigt auch Unterschriften unter diesen Vollmachten. Nur darf man eben die Vollmacht nicht unterschrieben mitbringen, man darf erst dort vor Ort unterschreiben, muss sich mit seinem Ausweis legitimieren, der Bevollmächtigte und der Vollmacht-Gebende. Und das ganze kostet nur einen Bruchteil dessen, was ein Anwalt verlangen würde.

Natürlich kann weder der Anwalt, noch der Sachbearbeiter der städtischen Behörde beurteilen, ob derjenige, der eine Vollmacht für jemand anders haben möchte, auch wirklich rechts- und geschäftsfähig ist, aber einen Eindruck bekommen sie schon und werden nicht beglaubigen, wenn sie Zweifel haben. So wurde es mir gesagt, als ich für nächste Woche den Termin für uns abgesprochen habe.

Was ich richtig fantastisch fand: ich musste nämlich schildern, warum und wieso ich diese Vollmacht vorliegen habe und die Unterschriften beglaubigen lassen will (die noch dort zu leisten sind), dass der Mann dort sagte ‚Wir kommen auch zu Ihnen! Es gibt immer Situationen, die es unmöglich machen, darauf sind wir eingestellt.‘ … Wenn unser Sohn also kommende Woche nicht in der Lage sein sollte, dann reicht ein Anruf und dieser Mensch wird zu uns kommen, irgendwann.

Ich hoffe, dass auch andere Ämter so arbeiten, die in diesem Gebiet aktiv sind.

Was ich sehr wichtig finde, das artikuliere ich unserem Sohn gegenüber auch sehr deutlich: er bleibt rechtlich belangbar! Und er bleibt geschäftsfähig. Er kann jederzeit Dinge unternehmen, zu Bank gehen, in ein Geschäft, Dinge kaufen… ich werde dafür nicht belangt, wenn er einen schwerwiegenden Fehler macht. Er muss dafür gerade stehen! So wie jeder andere auch.

Unsere Vollmacht ist zeitlich befristet auf den 15.7.2020. Wir haben uns dies deswegen so überlegt, da unser Sohn derzeit so große Fortschritte macht und wir nicht wissen, wie es in ein bis zwei Jahren ist. Natürlich kann man diese Vollmacht einfach vernichten oder negieren, aber psychologisch gesehen, ist es sicherlich eher geschickt zu sagen ‚wir machen das jetzt erst einmal bis zu deinem 20. Geburtstag. Wenn Du meinst, dass du sowas nochmal benötigst, dann machen wir es neu.‘.

Er wird nach wie vor gefordert selbstständig zu werden. Er wird nach wie vor gefordert, die Wohnung zu verlassen, Kontakte aufzunehmen oder einzuhalten, einkaufen zu gehen, zum Arzt zu gehen, ggf. zur Bank… nur bis er dies alles dann auch wirklich wieder kann, ist diese Vollmacht unser Auffangnetz.

Für die, die in einer ähnlichen Situation sind, sein werden, hänge ich die Vorlage ebenfalls hier an.

Betreuung

Vorsorgevollmacht

Werbung

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..