Jahresrückblick 2018

Dies wird so langsam zu einer Routine. Und es hat etwas mal angenehmes, mal aufwühlendes, mal wirklich richtig sauer machendes, aber auch des Öfteren etwas, was ein warmes Gefühl im Bauch auslöst: Freude, Liebe, Begeisterung.

Unser Jahr startete verhalten. Wir waren noch getriggert durch die jüngsten Ereignisse, dem Klinikaufenthalt unseres jüngsten, dem dortigen Verhalten gegenüber schwer traumatisierten Autisten, aber auch irgendwie getragen durch das Verhalten unseres Kinder- und Jugendpsychiaters und einer Therapeutin, zu der wir wenige Male gegangen sind: höchstes Verständnis, mehrmaliges Entschuldigen des Arztes und die Aussage der Therapeutin: ‚es ist noch zu früh! Geben Sie ihm Zeit!‘.

Außerdem dem Bestreben des Jugendamtes, sowie auch der spürbar großen Empathie der dortigen Sachbearbeiterin, uns alle Unterstützung zukommen zu lassen, die es momentan gibt, in Form von Jugendhilfe (ohne den Anspruch ‚Hilfe zur Erziehung‘, da allen bewusst war und ist, das DAS nicht unser Problem war und ist).

Im Januar kam hinzu:

  • die große Empörung im Bezug auf die Entscheidung des amerikanischen Volkes einen narzisstischen, psychopathischen, frauenverachtenden, fremdenfeindlichen Menschen die größte Macht weltweit an die Hand zu geben.
    Ich muss gestehen, das hat mich rückblickend mehr entsetzt als so vieles vorher, denn damit wird weltweit eine Strömung ‚legitimiert‘, andere von Hautfarbe, Glauben, Denken, sowie auch Behinderte, immer weiter auszugrenzen, zu verletzen, auszustoßen.
  • Im Januar gipfelte auch der Krieg in Syrien in einem unfassbaren Grauen, Städte wurde nahezu dem Boden gleich gemacht, Aleppo ist zu fast 100% zerstört.
  • Und es gab Anschläge, so unfassbare Anschläge, so wie in Istandbul, Québeck.
  • Massenhafte Protestaktionen in den USA. Mich beeindruckten die Bilder mit den pinken ‚Pussyhats‘, eine Aktion die im übrigen weltweit stattfand.

Im Februar

  • Deniz Yücsel wird inhaftiert, nur, weil er sich ‚erdreistete‘ unabhängig berichten zu wollen. Im übrigen wie so viele, die derzeit in der Türkei inhaftiert sind.
  • Deutschland bekommt einen neuen Bundespräsidenten
  • Unser Sohn beginnt mit der Maßnahme der Jugendhilfe. Zunächst immer nur wenige Minuten diesen Kontakt aushalten, stehend, immer zur Flucht aus dem Wohnzimmer bereit.

Im März

  • in Herne begeht ein 19jähriger (NEUNZEHN!) zwei absolut unverständliche Morde (Mord ist ohnehin immer unverständlich). Ein Kind wird aus purer Frustration ermordet, ein Bekannter wird ermordet weil er so mutig war, seine Vermutung auszusprechen.
  • ein psychisch kranker Mann läuft mit einer Axt im Düsseldorfer Flughafen Amok
  • ein verheerender Terroranschlag in London findet statt
  • Unser Sohn ist noch immer sehr verhalten und mißtrauisch, sehr zurückgezogen, sucht aber wieder seinen KJP auf.

Im April

  • ein schwerer Anschlag findet in der Metro in St. Petersburg statt
  • lang andauernde Massenproteste in Venezuela starten
  • ein schwerer Anschlag findet in Stockholm statt
  • Malala Yousafzai bekommt den Friedensnobelpreis verliehen
  • das Referendum in der Türkei findet statt und räumt einem weiteren wahnsinnigen Politiker mehr Macht ein als gut ist
  • bei einem Anschlag auf einen Flüchtlingskonvoi bei Aleppo sterben Menschen, die einfach nur wieder leben wollten
  • Unser Sohn schafft es immer länger, sich sozialen Kontakten auszusetzen. Er steht nicht mehr fluchtbereit im Raum.

Im Mai

  • Frankreich bekommt einen neuen Präsidenten, man kann hierzu gespalten sein, aber alles ist besser als die Front National!
  • Bei einem Konzert in Manchester explodiert eine Bombe. Im übrigen finden immer wieder überall weltweit islamistisch motivierte Anschläge statt.
  • Das Botschaftsviertel in Kabul erlebt einen heftigen Anschlag
  • Unser Sohn ‚taut‘ immer mehr auf

Im Juni

  • ein verheerender Brand in London, aufgrund mehr als fahrlässiger Brandschutzausstattung eines (und vielen mehr) Hochhauses, fordert viele Menschenleben.
  • Die USA treten aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aus
  • ‚Rock am Ring‘ wird wegen einer angeblichen Terrorwarnung gestoppt, was sich als ‚Ente‘ herausstellt. Aber: sicher ist sicher!
  • schwere Anschläge in London finden statt
  • ein Anschlag in Teheran
  • die politische Situation im UK wird ziemlich unübersichtlich
  • ein Soldat verhindert das Zünden eines Sprengsatzes im Hauptbahnhof Brüssel
  • Unser Sohn lässt sich immer mehr auf den Sozialarbeiter ein, er setzt sich ins Wohnzimmer, spricht auch wieder einige Worte

Im Juli

  • der G20 Gipfel… Hamburg wird in ein Kriegsgebiet verwandelt.
  • in Eiern wird Insektengift gefunden (was ist mit den Antibiotika im Fleisch? Ist das egal? MRSA ist ja auch gar nicht schlimm… Ironie off)
  • ein Reisebus mit Rentnern an Bord brennt vollständig aus, viele hilflose Menschen verlieren ihr Leben
  • Unser Sohn geht seinen Weg, jeden Tag ein winziges Stückchen, aber er geht!

Im August

  • ‚Harvey‘ verwüstet die karibischen Inseln und Teile der USA
  • die innenpolitische und gesellschaftliche Situation in den USA verschärft sich immer drastischer, die Kluft der Gesellschaft wird immer offensichtlicher, KKK, Nazis treten inzwischen offen auf und sehen sich durch den Präsidenten bestätigt
  • Unruhen in Jerusalem
  • Kos erlebt ein starkes Seebeben
  • Justizreform in Polen, ein deutlicher Rechtsruck in auch diesem Nachbarstaat ist buchstäblich zu fühlen. Ich frage mich, ob dieses Land nicht schon genug unter rechter Gewalt gelitten hat um dann auch noch die Regierung nach rechts zu schubsen.
  • und immer wieder haarsträubende Neuigkeiten zwischen zwei wahrhaft kranken Machthabern: Trump und Kim Jong-Un
  • ein schwerer Anschlag erschüttert Barcelona
  • In Finnland gibt es einen Anschlag
  • Unser Sohn zieht sich wieder dezent zurück. Aber wirklich nur dezent.
    Er wird ein weiteres Jahr auf seiner alten Schule gemeldet sein, ohne diese besuchen zu müssen, um der Schulpflicht zu genügen.
    Der Rektor erlaubt sich einen unglaublichen Schlag gegen mich, in einem HPG, ‚Man muss bedenken, wie viele Schüler Schule verweigern, weil sie von den Eltern lernen ‚geht doch auch ohne‘, da diese den ganzen Tag zu Hause hocken und nicht arbeiten!‘

Im September

  • die Bundestagswahl findet statt und auch in Deutschland startet das politische Chaos. Nicht nur, dass wir bis heute noch keine regelrechte Regierung haben, rechte kommen seit Dekaden wieder in den Bundestag
  • Irma und Maria rasen über die Karibik und Teile der USA und richten verheerende Verwüstungen an
  • in Mexico City schüttelt ein schweres Erdbeben die Stadt durch, mit furchtbaren Verwüstungen und vielen Opfern
  • wieder ein schwerer Anschlag in London
  • Unser Sohn ‚zieht wieder an‘, er öffnet sich immer weiter (für außenstehende tut sich so gut wie nichts, aber wir feiern jeden noch so kleinen Fortschritt)

Im Oktober

  • politisches Chaos in Spanien/Katalonien
  • endlich, wirklich endlich wird gesagt wie es ist: sexuelle Übergriffe gegen Frauen in allen Schichten und Nationalitäten werden ‚geöffnet‘, nachdem ein Hollywood Tycoon ‚auffliegt‘. Die #metoo Aktion startet.
  • die Ehe für alle wird rechtskräftig in Deutschland
  • ein schwerer Anschlag in Las Vegas kostet vielen Menschen das Leben
  • in Österreich findet ein weiterer staatlicher Rechtsruck statt, was mich nur noch schüttelt vor Entsetzen
  • der Genozid in Myanmar wird immer mehr publik (meiner Auffassung nach erheblich zuwenig)
  • Unser Sohn beginnt mit Medikinet. Ein Versuch, denn ich selbst habe gute Erfahrungen damit gemacht.
    Er beginnt gelegentlich wieder die Wohnung zu verlassen um einen Spaziergang zu machen

Im November

  • politisches Chaos scheinbar weltweit, Despoten werden entmachtet
  • Unser Sohn öffnet sich immer weiter, besucht inzwischen ohne mich, sondern mit seinem Sozialarbeiter den KJP. Er möchte selbst auch Weihnachtsgeschenke machen und lässt sich von seiner Schwester helfen. Und: die Pflegeversicherung bewilligt endlich einen Pflegegrad.

Im Dezember

  • schwere Waldbrände in den USA
  • Trump erkennt Jerusalem als Hauptstadt (indem er die US Botschaft dort hin verlegen will) von Israel an und lößt damit erhebliche Unruhen in der Region aus
  • Gerade in den letzten Tagen hat sich so unfassbar viel getan, dass ich nur noch jubeln möchte. Am Heilig Abend habe ich das größte Geschenk schlechthin bekommen: er hat seit 2 1/4tel Jahren das erste Mal wieder in meinem/unseren Beisein zunächst geschmunzelt und dann breit gelacht. Er isst wieder mit uns zusammen, er agiert in kleinen Stücken selbstbestimmt, selbstbewusst, selbstreflektiert. Außerdem hat er das Medikinet abgesetzt, weil er keinerlei positiven Nutzen feststellen kann, was ich als sehr gesund betrachte.

Das Jahr 2017 hat für uns sehr gedämpft begonnen. Wir standen nach wie vor unter Schock aufgrund der Klinikerfahrungen. Die Sorge ‚was wird, wenn er 2018 volljährig wird? Was ist mit dem Schulabschluss im Sommer?‘ hat sich zunächst beruhigt. Wir sind gelassen, denn wir haben erkannt, bzw. wussten das schon immer, aber die äußeren Umstände waren nicht gut, dass eine sehr große Kraft in unserem Sohn steckt. Er wird irgendwie seinen Weg gehen.
Wir warten nach wie vor auf den Bescheid bezüglich des SBA, der Antrag wurde zeitgleich mit der Pflegestufe im Juli gestellt…. wir werden sehen.

Ich bin dankbar. Und ziemlich glücklich.

Und, egal was noch passieren wird, wir als Familie stehen zusammen und können im Grunde genommen jedes Problem ‚lupfen‘.

 

In diesem Sinne wünsche ich allen ein gutes neues Jahr.

 

Gebt die Hoffnung nicht auf.

 

Alles wird gut, irgendwann.

 

 

 

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